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5 Schritte zu mehr Sicherheit

Die Vorstellung, bei schwerster Krankheit hilf- und wehrlos an medizinische Apparate angeschlossen zu sein, ängstigt viele Menschen. Es gibt Möglichkeiten, Vorsorge zu treffen – allerdings gehört dies wohl überlegt.

Oft besteht die Sorge mancher Patientinnen und Patienten, dass sie, sobald sie in einen hilflosen Zustand geraten, zum Objekt des Handelns werden, sich Maßnahmen gefallen lassen müssen, die sie eigentlich nicht wollen.

Vielen Menschen erscheint es deshalb sinnvoll, für die letzte Lebensphase eine rechtliche Absicherung zu suchen. Hierzu eignen sich die so genannten Vorausverfügungen, von denen die „Patientenverfügung“ am bekanntesten sein dürfte. Allerdings ist hier durchaus Vorsicht geboten. Die in Deutschland mittlerweile weit verbreiteten Patientenverfügungs-Formulare, auf denen man nur ankreuzen muss, was einem sinnvoll erscheint, haben sich in der Praxis als wenig tauglich erwiesen. Sie sind viel zu pauschal formuliert, um wirksam werden zu können. 

Deshalb ist es wichtig, eine wirksame Sicherung für die letzte Lebensphase dadurch zu erreichen, dass auf pauschalierende Formulierungen verzichtet wird und stattdessen eine sehr individuelle, ganz persönliche Verfügung verfasst wird. Im Folgenden werden fünf Schritte beschrieben, die helfen können, wirksame Verfügungen für die Zeit des Sterbens zu treffen.

1. Schritt:     Wir müssen über unsere Wünsche und Bedürfnisse am Lebensende nachdenken – nicht nur einmal, sondern immer wieder.
Aus den oben geschilderten Erfahrungen und Sorgen entstehen häufig Patientenverfügungen, die vor allem beschreiben, was ein Mensch im Falle seines Lebensendes nicht möchte. Sieht man aber genauer hin, sind diese Patientenverfügungen meist wenig hilfreich, weil sich ihnen nicht entnehmen lässt, was ein Mensch an seinem Lebensende und in hilflosem Zustand möchte. Es ist wichtig und entscheidend, für das eigene Lebensende Wünsche zu formulieren. Das heißt, dass wir uns vor allem der Frage stellen müssen: „Wie möchte ich sterben?“ 

2. Schritt:     Wir müssen diese Überlegungen mit den Menschen, die uns nahe stehen, eingehend besprechen – nicht einmal, sondern immer wieder.
Aber Voraussetzung dafür, dass unsere Wünsche eines Tages in Erfüllung gehen, ist, dass wir sie äußern, also mit Menschen, die uns nahe stehen, darüber ins Gespräch kommen. Es mag schwer sein, hier den ersten Schritt zu tun. Wer ihn aber wagt, wird mit vielen anderen Menschen die Erfahrung teilen, dass das Gespräch über letzte Dinge eine ganz besondere Form der Nähe, ja Intimität schafft.

3. Schritt:     Wir tun gut daran, das Ergebnis dieser Gespräche auch schriftlich zu dokumentieren (Patientenverfügung).
Erst wenn wir so weit gekommen sind, unsere Wünsche mit anderen diskutiert zu haben, ist der richtige Zeitpunkt gekommen, den nächsten Schritt zu tun und unsere Wünsche auch in schriftlicher Form zu dokumentieren. Dieses Papier lässt sich dann mit Recht als Patientenverfügung bezeichnen, denn es spiegelt unsere eigenen Überlegungen wider und ist bereichert durch die Gedanken jener Menschen, die uns nahe stehen.

4. Schritt:     Es ist wichtig zu wissen, dass auch eine Patientenverfügung immer nur ein Anhaltspunkt sein kann und in vielen Situationen nicht weit genug gefasst ist. Dann sind wir darauf angewiesen, dass die Menschen, die Verantwortung für uns tragen, unsere Wünsche sinnvoll erschließen können – aus der Kenntnis unserer Wünsche in gesunden Zeiten.

Eine besondere Situation stellt der Zustand der Bewusstlosigkeit dar. Was wir aus den Erfahrungen bewusstloser Menschen wissen, die wieder ins Bewusstsein zurückgekehrt sind, ist dies: Sie berichten vielfach davon, dass sie es als sehr angenehm „irgendwie“ gespürt haben, wenn ihnen vertraute Menschen sich in ihrer Nähe befanden. Sie leiden offenbar vor allem unter der Isolation, die ihnen dieser Zustand aufzwingt. Sie erleben es als entlastend, wenn Mitmenschen – insbesondere nahe Angehörige – versuchen, zu ihnen Kontakt aufzunehmen.

Wenn also bei Menschen mit lang anhaltender Bewusstlosigkeit aufgrund voreilig formulierter Verfügungen ein Behandlungsabbruch diskutiert wird, kann dies durchaus den Wünschen dieser Menschen widersprechen. Wir müssen also darauf achten, dass der Behandlungsabbruch nicht zu einer Alternative für menschliche Nähe wird.  

5. Schritt:     Wir sollten einen Menschen unseres Vertrauens dazu ermächtigen falls wir uns selbst nicht mehr ausreichend äußern können – an unserer Stelle zu sprechen. Hierzu bedarf es eines weiteren rechtlichen Dokumentes, nämlich einer (eventuell notariell beglaubigten) Vorsorgevollmacht (Alternative: Betreuungsverfügung).
 Was wir für die Zeit brauchen, in der wir uns nicht mehr ausreichend selbst äußern können, ist ein Mensch, der uns, unsere Lebensgewohnheiten und vor allem unsere Wünsche für die letzte Lebensphase gut kennt. Uns nützt sein Einfühlungsvermögen in unsere Situation und seine Bereitschaft, sich mit unseren Wünschen zu identifizieren. Um diesen Menschen mit der Macht auszustatten, unseren Willen gegenüber anderen durchzusetzen, müssen wir für ihn in gesunden Zeiten eine Vorsorgevollmacht ausstellen. 

Wer einem anderen Menschen nicht ganz so viel Macht einräumen möchte, ist gut beraten, eine Betreuungsverfügung auszustellen. Mit ihr kann man festlegen, wer – sobald die eigenen Entscheidungsmöglichkeiten wesentlich eingeschränkt sind – vom Gericht als Betreuer eingesetzt werden soll.  

Wenn Sie das oben skizzierte Vorgehen beachten, ist Ihnen gewiss nicht alle Angst genommen. Aber Sie können sicher sein, dass Sie alles getan haben, um nicht einsam und unwürdig die letzte Lebensphase erleben zu müssen. Entscheidend sind Beziehungen, auf die Sie bauen können. Sie haben damit etwas getan, das unserem menschlichen Wesen im tiefsten Kern entspricht: Sie sind gute und vertrauensvolle Beziehungen eingegangen. Und das ist etwas, was wir alle nicht bis zu unserem Lebensende hinausschieben sollten.

Zur Frage der gesetzlichen Regelungsnotwendigkeit siehe auch den Freiburger Appell

Hilfreiche Downloads zum Thema finden Sie hier

Wenn Sie weiterlesen wollen: 

Thomas Klie & Johann-Christoph Student
Patientenverfügung: So gibt sie Ihnen Sicherheit
Kreuz Verlag, Freiburg 2011
ISBN :  978-3-451-61067-7



A. Napiwotzky und J.-C. Student (Hrsg.):Was braucht der Mensch am Lebensende? – Ethisches Handeln und medizinische Machbarkeit. Kreuz Verlag, Stuttgart 2007 (200 Seiten, Preis: 16,95 €, ISBN 3-7831-2880-2)

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